Falls du eine einfachere Einführung in Handpan-Moll-Stimmungen suchst, findest du hier einen leicht verständlichen Überblick: Einfacher Blog über Handpan-Moll-Stimmungen
Handpans sind für ihre warmen, meditativen Klänge bekannt – und ein Großteil dieser Magie entsteht durch die gewählte Stimmung (Scale). Besonders Moll-Stimmungen (Tonleitern im Moll-Tongeschlecht) sind bei Handpans sehr beliebt, da sie oft einen mystischen, verträumten oder melancholischen Charakter vermitteln . Schätzungsweise rund 70 % aller Handpans sind in D-Moll gestimmt – Moll-Skalen wie Kurd, Amara (Celtic Minor) oder Pygmy gehören zu den Klassikern für Einsteiger und Könner gleichermaßen. In diesem Blogartikel erfährst du alles Wichtige über Moll-Stimmungen bei Handpans: von den theoretischen Grundlagen (natürlich, harmonisch und melodisch Moll) über Besonderheiten wie fehlende Skalentöne oder Oktav-Dopplungen bis hin zu einer ausführlichen Liste gängiger Handpan-Moll-Skalen und deren Noten. Sowohl Anfänger als auch fortgeschrittene Spieler sollen hier verständliche Erklärungen und tiefergehende Infos finden.
Grundlagen der Moll-Tonleitern
Bevor wir ins Detail der Handpan-Stimmungen gehen, schauen wir uns kurz die Grundlagen der Moll-Tonleitern an. In der westlichen Musik gibt es drei wichtige Varianten der Moll-Tonleiter:
• Natürliches Moll (aeolische Tonleiter): Die „gewöhnliche“ Moll-Tonleiter, auch äolisch genannt, entspricht den Tonstufen der parallelen Dur-Tonart. Charakteristisch sind Halbtonschritte zwischen der 2. und 3. Stufe sowie zwischen der 5. und 6. Stufe. Beispiel: A natürliches Moll (a-Moll) hat die Töne A–B–C–D–E–F–G (Halbtonschritte zwischen B–C und E–F). Natürliches Moll klingt weich und traurig; auffällig ist, dass der 7. Ton kein Leitton zum Grundton ist (er liegt einen Ganzton darunter) . Dadurch fehlt die Spannung, die in Dur-Tonleitern kurz vor dem Auflösen entsteht.
• Harmonisches Moll: Um in Moll einen Leitton zu erhalten, wird beim harmonischen Moll die 7. Stufe erhöht. Im Beispiel a-Moll wird aus G ein G#. Dadurch entsteht zwischen der 6. und 7. Stufe ein ungewöhnlicher Abstand von drei Halbtonschritten (eine übermäßige Sekunde), was der Skala einen exotisch-orientalischen Klang verleiht . A harmonisch Moll: A–B–C–D–E–F–G#–A. Diese Tonleiter ist in der europäischen Musik z.B. für Dominantseptakkorde wichtig, da der Leitton (G#) eindeutig zum A zieht. Ihr klanglicher Ursprung liegt u.a. in nahöstlichen Musiktraditionen .
• Melodisches Moll: Das melodische Moll geht einen Kompromiss ein, um den großen Abstand im harmonischen Moll zu vermeiden. Hier werden im Aufstieg die 6. und 7. Stufe erhöht, im Abstieg spielt man wieder natürliches Moll. Beispiel: aufwärts a-Moll melodisch: A–B–C–D–E–F#–G#–A, abwärts A–G–F–E–D–C–B–A. Durch F# und G# klingt die Tonleiter aufwärts weicher (fast wie Dur im oberen Teil) und vermeidet den 1½-Tonschritt zwischen F und G#; beim Abwärtsspielen kehrt man ins natürliche Moll zurück, um die für Moll typischen Töne (mit b6 und b7) zu nutzen. Bei einer Handpan, die feste Töne hat, muss man sich jedoch für eine Variante entscheiden – in der Regel verwendet ein Handpan-Bauer entweder die natürliche oder harmonische Form (melodisches Moll als auf- und absteigend unterschiedliche Leiter lässt sich auf einem fest gestimmten Instrument nicht abbilden).
Dur oder Moll? – Der Unterschied liegt insbesondere in der Terz: Dur hat eine große Terz vom Grundton, Moll eine kleine Terz (b3). Moll wird seit jeher als „traurig“ oder „weich“ empfunden, Dur als „fröhlich“ oder „hart“ . Diese emotionale Färbung macht Moll-Tonarten für die Handpan so reizvoll, da sie oft als tragisch, mystisch, verträumt oder hoffnungsvoll-zart beschrieben werden .
Moll-Skalen auf der Handpan
Handpans sind in der Regel diatonisch gestimmt, d.h. sie umfassen eine Auswahl von Tönen innerhalb einer bestimmten Tonleiter (statt chromatisch wie ein Klavier) . Bei Moll-Handpans bedeutet das: Das Instrument ist auf die Töne einer Moll-Tonleiter (bzw. einer Variante davon) gestimmt. Viele der beliebtesten Handpan-Skalen basieren auf dem natürlichen Moll (Aeolian) oder leicht abgewandelten Formen davon. Einige Beispiele bekannter Moll-Stimmungen sind:
• Kurd – steht für eine komplette natürliche Moll-Tonleiter (äolisch). Ein Kurd in D-Moll enthält z.B. alle Töne der D-Moll Tonleiter: D–E–F–G–A–B♭–C–D (auf der Pan oft mit wiederholtem D und A in verschiedenen Oktaven) . Kurd wird oft als Annaziska (insbesondere in C#-Moll) bezeichnet und liefert durch die Vollständigkeit aller Stufen viele harmonische Möglichkeiten und Akkorde . Diese diatonische Moll-Stimmung gilt als sehr einsteigerfreundlich, da kein Ton „falsch“ klingt und man intuitiv Melodien und Akkorde finden kann.
• Amara (Celtic Minor) – eine hexatonische Moll-Variante, der eine Stufe der natürlichen Mollleiter fehlt. Bei D Amara (auch D Celtic Minor genannt) fehlt z.B. die 6. Stufe (B♭) der D-Moll Tonleiter . Übrig bleiben die Töne D–E–F–G–A–C–D, also 6 verschiedene Töne statt 7. Durch das Weglassen des einen Tons entstehen keine Halbtonschritte innerhalb der Scale, was einen sehr harmonischen, „schwebenden“ Klang ergibt. D Amara klingt friedlich und warm und wird oft als ideal für Anfänger empfohlen . (Fun Fact: D Celtic Minor wird manchmal scherzhaft „die Anfänger-Skala“ genannt, weil sie so gut wie immer schön klingt und sich kaum dissonante Intervalle ergeben.) Im Vergleich zu D Kurd fehlt nur der Ton B♭; stattdessen hat die Celtic-Minor-Stimmung häufig einen zusätzlichen hohen Ton (z.B. ein hohes C in D Amara) anstelle der fehlenden Stufe, sodass beide Varianten insgesamt 8–9 Töne haben .
• Integral (Mystic) – ebenfalls eine Moll-Hexatonik, hier wird die 4. Stufe der natürlichen Mollleiter ausgelassen. Ein klassisches Beispiel ist die Integral-Stimmung in D-Moll, bei der der Ton G fehlt . Die Skala umfasst dann Töne wie D–E–F–A–B♭–C–D. Im PANTAM-Umfeld gilt D Integral als eine der frühesten Handpan-Skalen (PanArt Hang Integral), die in den 2000er Jahren viele begeistert hat. Durch Weglassen der Quarte G entsteht ein eigener Charakter – D Integral klingt etwas offener, fast „sphärisch“, da die typische Moll-Quarte fehlt. Diese Stimmung wurde früher sehr häufig gebaut; heute sind Kurd und Amara verbreiteter . Manche Hersteller bezeichnen ähnliche Skalen als “Mystic”, was meist ebenfalls eine natürliche Moll-Leiter ohne Quarte meint (analog zur Integral-Stimmung) .
• Pygmy – eine pentatonische Moll-Variante, d.h. sie nutzt nur 5 unterschiedliche Tonstufen. Die Pygmy-Skala entstammt ursprünglich der Bezeichnung einer bestimmten Hang-Variante von PanArt (2001–2005) und hat keinen direkten Bezug zu traditioneller Pygmäen-Musik, außer dass sie einen ähnlichen meditativen Charakter besitzt . Pygmy kann man sich vorstellen als Moll-Pentatonik, bei der aus der natürlichen Molltonleiter zwei Töne weggelassen wurden: häufig die 4. und 6. Stufe . So enthält z.B. F# Pygmy die Töne F#–G#–A–C#–E–(F#…) – hier fehlen der 4. Ton (B) und der 6. Ton (D) der F#-Moll Tonleiter, was genau fünf verschiedene Töne ergibt. Diese Skala klingt sanft, introspektiv und „erdig“ und hat durch die fehlenden Halbtonschritte zwischen den Noten einen sehr offenen Klangraum . Pygmy ist eine der populärsten Handpan-Pentatoniken überhaupt . Varianten sind z.B. Low Pygmy, bei der der tiefste Ton der Skala auf dem Ding liegt (siehe nächster Abschnitt), oder G Pygmy mit D als Grundding (D Minor/G Pygmy) – es existieren also verschiedene Layouts unter dem Namen Pygmy.
• Magic Voyage – ebenfalls oft als pentatonische Moll-Skala geführt, die der Pygmy ähnlich ist . Sie wird z.B. häufig in D gestimmt (D Magic Voyage) und erzeugt einen mystisch-verträumten Klang – der Name deutet schon an, dass man sich auf eine „magische Reise“ begibt. Interessant an Magic Voyage ist die Kombination von großen und kleinen Intervallen: So enthält D Magic Voyage die Töne D–E–F#–G–A–C–D . Man erkennt hier sowohl Elemente von Dur (F# als große Terz zu D) als auch von Moll (C als kleine Septime zu D). Diese Mischung aus Dur- und Moll-Charakter ergibt einen einzigartig schillernden Klang – gleichzeitig verspielt und melancholisch . Magic Voyage und Pygmy sind sich klanglich nahe; tatsächlich wird Magic Voyage oft als eine Art Pygmy mit dem Grundton auf dem Ding beschrieben . Beide Skalen verzichten auf 4. und 6. Stufe der natürlichen Molltonleiter, unterscheiden sich aber leicht in der Anordnung der Töne.
• Weitere Moll-Varianten: Die oben genannten sind bei weitem nicht alle. Es gibt unzählige benannte Stimmungen, von denen viele auf Moll basieren oder einen Moll-artigen Charakter haben. Zum Beispiel:
• La Sirena (Dorian) – eine hexatonische Dorian-Variante, also Moll mit großer Sexte. Hier fehlt oft die 4. Stufe (Subdominante) . Ergebnis ist ein Sound, der sowohl molltypisch (b3, b7) als auch überraschend hoffnungsvoll durch die große 6 klingt. La Sirena (Spanisch für „Meerjungfrau“) wurde ursprünglich in E Dorian populär, enthält z.B. E–F#–G–B–C#–D–E (A fehlt als Quarte) und klingt romantisch-verträumt und vielseitig .
• Hijaz – eine Skala angelehnt an die harmonische Molltonleiter, die einen stark orientalischen Klang erzeugt. Hijaz entspricht im Grunde der phrygisch-dominanten Tonart (5. Modus des harmonischen Moll). Beispiel: D Hijaz hätte die Tonabfolge D–Eb–F#–G–A–Bb–C–D, was den typischen Klang mit Halbton-Schritt gefolgt von einer übermäßigen Sekunde (Eb zu F#) beinhaltet . Diese Stimmung eignet sich hervorragend für arabisch-orientalisch anmutende Melodien und percussives Spiel . (Auch Variationen wie Romanian Hijaz – vom 4. Ton der harmonischen Molltonleiter ausgehend – sind zu finden, die ähnlich exotisch klingen .)
• Annaziska – dieser Name wird oft für Moll-Skalen in C# verwendet (z.B. C# Annaziska entspricht C# Kurd) . Die Bezeichnung entstammt vermutlich einem frühen Hang-Modell. Im Grunde verbirgt sich dahinter meist eine vollständige natürliche Moll-Skala (ähnlich Kurd) in einer bestimmten Tonart.
• Equinox – eine Moll-Hexatonik, die sowohl Dur- als auch Moll-Charakterzüge trägt . Sie soll – dem Namen nach – klanglich Balance und Gleichgewicht vermitteln, ähnlich wie Tagundnachtgleiche (Equinox). Typischerweise wird z.B. G Equinox als G–B–C–D–E–F#–G gestimmt . Diese ungewöhnliche Mischung (mit großer Terz B und kleiner Septime F# relativ zu G) erzeugt ein zugleich freudiges und besinnliches Klangbild .
• Akebono – ursprünglich keine Moll-Tonleiter der westlichen Musik, sondern eine japanische Pentatonik, die aber von vielen als mollartig empfunden wird. Sie enthält charakteristische kleine Sekunden (z.B. D–Eb) und Quarten und erzeugt einen tief hypnotischen, fernöstlichen Klang . Beispiel: C Akebono – C–D–Eb–G–Ab–C – klingt melancholisch-sanft, ohne klare Dur/Moll-Zuordnung, und wird gerne für meditative Handpan-Stücke verwendet .
Diese Liste ließe sich noch weiter fortführen, aber schon hier zeigt sich: Moll-Stimmungen auf der Handpan gibt es in zahlreichen Variationen. Jede kleine Änderung – etwa das Weglassen eines einzelnen Tons oder das Erhöhen/Erniedrigen eines Tones – kann der Stimmung einen neuen Charakter geben. Daher lohnt es sich, verschiedene Skalen anzuspielen und mit dem eigenen Empfinden zu vergleichen. Klangbezeichnungen der Hersteller (wie „mystisch“, „hoffnungsvoll“, „tragisch“ etc.) sind nämlich subjektiv – am Ende entscheidet dein Ohr, welche Moll-Stimmung dich am meisten anspricht .
Fehlende Tonstufen und Oktav-Versetzungen – warum?
Wenn du dir die genannten Skalen anschaust, fällt dir bestimmt auf, dass manche Tonleitern nicht vollständig sind. Handpan-Stimmungen wie Amara oder Integral lassen bewusst eine Tonstufe der diatonischen Leiter aus (Hexatonik), Pygmy und Magic Voyage sogar zwei (Pentatonik). Aber warum fehlen manche Stufen? Und wieso tauchen manche Töne dafür in anderen Oktaven wieder auf?
Die Hauptgründe dafür sind Klangästhetik, Instrumentendesign und Spielbarkeit:
• Vermeidung von dissonanten Intervallen: Moll-Tonleitern enthalten von Natur aus ein paar kritische Intervalle – z.B. den Halbtonschritt zwischen 2. und b3 (in D-Moll also E–F) oder zwischen 5 und b6 (A–B♭). Wenn alle Töne vorhanden sind (wie bei Kurd), kann man zwar sehr vielfältig spielen, aber man hat auch kleine Sekundabstände, die in bestimmten Kombinationen spannungsvoll oder schräg klingen können (etwa wenn man A und B♭ zusammen anschlägt). Viele Moll-Varianten lassen gezielt einen Ton aus, um solche Spannungen zu vermeiden . Bei Amara wird z.B. die 6. Stufe (b6) gestrichen, wodurch der kritische Ton B♭ fehlt – es entsteht keine kleine Sekunde mit A mehr, und die Skala klingt „sauberer“ und harmonischer in sich . Ähnlich lässt Integral die 4. Stufe weg, damit keine Quarte/Quint-Beziehung gestört wird und Akkorde klarer klingen. Das Weglassen einzelner Töne macht die Handpan-Skala noch intuitiver spielbar, weil quasi „alle Töne zueinander passen“. Man umgeht so auch verminderte Akkorde oder Spannungsakkorde, die in der vollständigen Molltonleiter vorkommen würden .
• Begrenzte Anzahl an Klangfeldern: Ein praktischer Grund: Die meisten Handpans haben 8–9 Töne auf der oberen Schale (manchmal plus ein paar auf der Unterseite). Eine diatonische Mollleiter umfasst jedoch 7 verschiedene Noten plus die Oktave – das wären 8 Töne, die man mindestens benötigt, um die Skala einmal komplett abzubilden. Viele Instrumente haben aber den Grundton (Ding) + 7 Klangfelder, also nur 7 verschiedene Tonstufen insgesamt. Daher muss oft eine Stufe entfallen, sonst geht es sich nicht aus. Beispiel: Eine Handpan mit Ding + 7 Tönen kann entweder eine vollständige heptatonische Skala spielen (Grundton wiederholt als oberster Ton), oder sie wählt eine Hexatonik ohne einen Skalenton, damit der Grundton oben erneut vorkommen kann. Bei D Amara (Ding D, 7 weitere Felder) verzichtet man auf B♭, um oben wieder ein D oder C unterzubringen. Generell gilt: Instrumentenbauer entscheiden oft, welchen Ton einer Skala sie weglassen, um die gewünschte Stimmung mit der verfügbaren Anzahl von Feldern umzusetzen.
• Erweiterung des Tonumfangs: Statt alle Stufen nur einfach abzubilden, nutzen viele Skalen die Möglichkeit, wichtige Töne zu wiederholen – z.B. den Grundton in hoher Lage, die Quinte oder die Terz. Dadurch erhält man einen größeren Tonumfang und mehr melodische Optionen, ohne „artfremde“ Töne hinzufügen zu müssen. D Kurd 10 (eine D-Kurd Handpan mit 10 Noten) zum Beispiel fügt zur normalen D-Moll-Skala einen hohen C-Ton (C5) hinzu, sodass der Ton C in zwei Oktaven vorhanden ist . Ähnlich hat D Integral oft den Ton C doppelt (tiefer als b7 und nochmals höher als Zusatztönchen) . Diese Oktav-Dopplungen sorgen für einen volleren Klang und bieten dem Spieler zusätzliche Möglichkeiten, Melodien in verschiedenen Registern zu spielen. Insbesondere bei pentatonischen Skalen werden mehrere Töne über zwei Oktaven verteilt wiederholt, um einen „breiten“ harmonischen Teppich zu erzeugen . Bei der Low-Pygmy-Stimmung z.B. werden vier der fünf Töne in zwei Oktaven angeordnet, was den charakteristisch volltönenden, schwebenden Klang ergibt .
• Physikalische Grenzen & Bauweise: Nicht zuletzt diktieren die physikalischen Eigenschaften der Handpan, welche Töne realisiert werden können. Der tiefste Ton einer Handpan ist fast immer der Ding in der Mitte – dieses Feld ist am größten und kann die niedrigste Frequenz erzeugen . Noch tiefere Töne als der Ding ließen sich auf der Oberseite kaum unterbringen, weil die Felder dafür zu groß wären. Deshalb fehlen in Handpan-Skalen oft Töne unterhalb des Grundtons. Beispiel: In einer D-Moll Handpan wirst du kaum ein tiefes G (die 4. unter D) finden – der Ding ist D, und die restlichen Felder sind höher gestimmt. Wenn ein Hersteller einen extra tiefen Ton will, wird dieser manchmal auf die Unterseite gelegt (sog. Bottom Note), doch das ist aufwändig und seltener. Ebenso haben sehr hohe Töne nur kleine Tonfelder. Um extreme Höhen zu vermeiden (die klanglich spritzig, aber kürzer im Sustain sind), begnügt man sich oft damit, den höchsten Ton als Terz oder Quinte über dem Oktav-Grundton zu wählen. Dadurch ergibt sich, dass eine Moll-Skala auf der Handpan oft nicht genau von Grundton bis Grundton in einer Oktave linear angeordnet ist, sondern lückenhaft bzw. mit Sprüngen.
Zusammengefasst: Handpan-Moll-Stimmungen „beschneiden“ die Tonleiter oft bewusst oder verteilen sie anders über die Oktaven, um einen schönen Klang und gute Spielbarkeit zu erreichen. Was auf Papier vielleicht unvollständig aussieht, klingt an der Handpan meist stimmig und voll, weil unser Ohr kleine Lücken problemlos ergänzt. Zudem kann das Fehlen eines Tons der Musik Raum für Interpretation geben – es bleibt dem Spieler überlassen, die Lücke gedanklich zu füllen oder den offenen Klang einfach zu genießen.
Physikalische und spieltechnische Gründe für die Tonanordnung
Neben der Auswahl der Töne an sich spielt auch deren Anordnung auf der Handpan eine große Rolle. Wenn du schon einmal eine Handpan gespielt oder gesehen hast, weißt du, dass die Töne nicht der Reihe nach im Kreis liegen (wie z.B. bei einer Steel Tongue Drum manchmal), sondern in einer bestimmten Sequenz. Warum sind Handpan-Töne so angeordnet, wie sie es sind? Hier die wichtigsten physikalischen und spieltechnischen Gründe:
• Zentraler Bass und ringförmige Anordnung: Eine Handpan besteht aus zwei Metall-Halbschalen; oben sind die Klangfelder (Tonfelder) eingearbeitet, unten meist nur das Resonanzloch . In der Mitte oben sitzt der Ding, der tiefste Ton. Rund um den Ding liegt im Chorus-Kreis eine Reihe weiterer Felder, meistens 7 bis 9 Stück . Diese seitlichen Töne sind aufsteigend um den Ding herum angeordnet – abwechselnd rechts und links in steigender Tonhöhe . Das bedeutet, wenn man der Reihe nach vom tiefsten zum höchsten Ton einer Stimmung geht, „springt“ man abwechselnd von einer Seite der Handpan zur anderen. Diese Wechselanordnung ist spieltechnisch genial: So kann man mit rechts und links abwechselnd skalieren, ohne mit den Händen ins Gehege zu kommen. Man spielt also z.B. abwechselnd einen Ton rechts, den nächsten links, usw., und die Tonleiter steigt dabei kontinuierlich an . Für flüssige Läufe und Patterns ist das ideal.
• Intervalle zwischen Ding und erstem Seitenfeld: Üblicherweise ist der erste Ton rechts vom Ding nicht die Sekunde, sondern die Quinte oder Quarte des Grundtons. Beispiel: Bei vielen D-Moll-Pans ist der Ding D3, und der tiefste Seiten-Ton ist A3 (die Quinte zu D) oder manchmal G3 (die Quarte). Ein direkter Sekundschritt (z.B. D zu E) wird oft vermieden . Warum? Zum einen, weil der Ding als Grundton klanglich herausstechen soll – er „erdet“ die Tonalität. Liegt direkt daneben die Sekunde, könnte das melodisch zu sehr vom Grundton wegziehen. Stattdessen mit einer Quinte zu beginnen, gibt dem Klang einen soliden Rahmen (Quinte und Grundton bilden den offenen Quartakkord, der sehr resonant ist). Zum anderen hat es akustische Gründe: Der Ding schwingt nicht nur in seiner Grundfrequenz, sondern auch in Obertönen (oft in Quinte und Oktave). Wenn der nächstliegende Tonfeld ebenfalls nah in der Tonhöhe wäre, könnten die Resonanzen sich stören. Eine Quinte Abstand ist da unkritischer. Viele Handpans „überspringen“ also mindestens einen Ton der Skala zwischen Mitte und erstem Ringfeld – manchmal sogar eine ganze Oktave.
• Harmonische Resonanzen in Stimmung integrieren: Jeder Handpan-Ton ist so gebaut, dass er neben dem Grundton auch dessen Oktave und meist die Quinte als Obertöne trägt . Diese mitschwingenden Frequenzen sind gewollt – sie geben dem Ton Farbe und Stabilität. Wichtig dabei: Da die Handpan nur Töne einer Skala hat, liegen diese Obertöne in der Regel ebenfalls auf (oder nahe) anderen Tonfeldern. Beispiel: Ein Feld ist auf A gestimmt, seine Quinte (E) und Oktave (A’) erklingen im Hintergrund mit. Wenn nun E und A’ auch richtige Töne der Skala sind, harmoniert das perfekt. Wäre die Pan chromatisch, würde so mancher Oberton nicht zum Rest passen. Deshalb wählen Erbauer diatonische Skalen, bei denen sich die Felder gegenseitig stimmen – die natürliche Mollskala eignet sich hervorragend, da Quinten/Oktaven immer innerhalb der Tonart liegen. Das ist ein weiterer physikalischer Grund, warum selten z.B. ein einzeln „aus der Art schlagender“ Ton eingebaut wird: Er könnte mit den Obertonfeldern der Nachbarn dissonieren.
• Größenverhältnisse der Klangfelder: Tiefe Töne brauchen größere Schwingungsflächen, hohe Töne kleinere. Auf der begrenzten Fläche der Handpan bedeutet das: Je tiefer ein Ton, desto zentraler oder unten muss er platziert sein, wo mehr Blechfläche zur Verfügung steht. Je höher, desto weiter außen kann er liegen. Das erklärt, warum extrem tiefe Skalentöne oft fehlen (kein Platz) und sehr hohe nicht unbegrenzt nach oben ausgereizt werden (das Feld würde winzig und leise). Stattdessen wählt man sinnvolle Verteilungen – z.B. verzichtet man lieber auf den tiefsten Ton der theoretischen Skala (bei D-Moll etwa das tiefe G), als diesen noch aufs Blech zu quetschen und an Klangqualität einzubüßen.
• Spielerische Ergonomie: Die abwechselnde Anordnung der Tonfelder (rechts-links aufsteigend) haben wir schon erwähnt. Darüber hinaus achten Hersteller darauf, dass häufig zusammen gespielte Intervalle gut erreichbar sind. Terzen oder Quinten eines Akkords liegen oft nicht direkt nebeneinander (wegen Interferenz), aber so, dass man sie bequem mit zwei Händen anschlagen kann (z.B. ein Ton rechts, der dazu passende Terz links schräg gegenüber). Auch werden Töne, die zusammen einen Akkord bilden, manchmal als “Spiegelnoten” gegenüber positioniert . So lassen sich Zweiklänge und Dreiklänge intuitiv greifen. Manche Hersteller liefern Diagramme, welche Felder auf ihren Pans einen Akkord ergeben – oft erkennt man darin eine bewusste geometrische Anordnung. Kurz gesagt: Die Stimmung bestimmt zwar, welche Töne erklingen; die Anordnung bestimmt, wie leicht und angenehm man musikalische Strukturen darauf umsetzen kann.
All diese Faktoren – Klangdesign, Physik und Ergonomie – fließen in die Kunst ein, eine Handpan-Stimmung zu entwerfen. Jede Moll-Stimmung ist also nicht nur eine Tonleiter, sondern auch ein spezielles Layout auf dem Instrument, das ihren Charakter und die Spielweise prägt. Für uns Spieler ist es spannend zu entdecken, welche Geheimnisse in der Anordnung stecken: Warum fühlt sich ein Riff auf D Kurd anders an als auf D Amara? Oft liegt es an genau solchen unterschwelligen Unterschieden im Layout.
Übersicht: Wichtige Handpan-Moll-Skalen und ihre Noten
Abschließend haben wir hier eine Übersichtstabelle zusammengestellt, die einige der gängigen Handpan-Moll-Stimmungen mit ihren Notenumfängen zeigt. Dabei geben wir jeweils ein Beispiel in einer bestimmten Tonart (oft D oder E, da Moll-Handpans häufig in diesen Stimmungen gebaut werden) und listen die typischen Töne vom tiefsten zum höchsten auf. Die Notation folgt der Konvention Ding / Tonkreis: Vor dem Schrägstrich steht der zentrale Ding (Grundton der Stimmung), danach die umlaufenden Töne in aufsteigender Reihenfolge. (Hinweis: Je nach Instrument können einzelne Töne eine Oktave höher/tiefer oder als Zusatztöne vorhanden sein – die Tabelle soll v.a. das Skalenkonzept verdeutlichen.)
Stimmung (Skalenname) Noten (Ding / Tonfelder) Merkmale & Typ
D Kurd (D-Moll) D3 / A3 B♭3 C4 D4 E4 F4 G4 A4 Natürliche Moll (Äolisch) – vollständige Moll-Tonleiter . Alle 7 Stufen vorhanden, sehr vielseitig. Anfänger-freundlich (diatonisch).
C# Kurd (C#-Moll) C#3 / G#3 A3 B3 C#4 D#4 E4 F#4 G#4 Natürliche Moll in C# – auch „Annaziska“ genannt. Entspricht C#-äolisch (C# D# E F# G# A B). Volle Mollskala mit entsprechenden Vorzeichen.
D Amara (Celtic Minor) D3 / A3 C4 D4 E4 F4 G4 A4 (C5) Hexatonisch Moll (äolisch ohne 6. Stufe) . Fehlt B♭, stattdessen oft hoher C als zusätzlicher Ton. Klang: friedlich, „keltisch“, schwebend.
E Amara (E Celtic) E3 / B3 D4 E4 F#4 G4 A4 B4 Hexatonisch Moll (E-Moll ohne 6. Stufe C) . Fehlt C, ansonsten E natürlich Moll. Sehr intuitiv, da kein Halbton zwischen A–B (entspanntes Klangbild).
D Integral (Mystic) D3 / A3 B♭3 C4 D4 E4 F4 A4 C5 Hexatonisch Moll (äolisch ohne 4. Stufe G) . D-Moll ohne G, dafür hoher C doppelt. Frühe Hang-Stimmung, offener molliger Klang, kaum Dissonanzen.
F# Pygmy (F#-Moll Pent.) F#2 / G#2 A2 C#3 E3 F#3 G#3 A3 C#4 Pentatonisch Moll – Moll-Pentatonik (ohne 4. und 6. Stufe). Z.B. F#-Aeolian ohne B(4) und D(6) . Klingt erdig, sanft, meditativ. Töne wiederholen sich über 2 Oktaven (z.B. F#, G#, A, C#).
D Magic Voyage D3 / A3 C4 D4 E4 F#4 G4 A4 C5 Pentatonisch (Varianten) – Ähnlich Pygmy, aber mit großterz F# statt F. Mischung aus Moll und Dur-Intervallen , erzeugt mystisch-melancholische Stimmung. Oft wie Low Pygmy aufgebaut (Grundton auf Ding).
D Hijaz (orientalisch) D3 / A3 B♭3 C4 C#4 D4 F#4 G4 A4 Harmonisch Moll Variante – enthält erh. 7. Stufe (C#) neben Moll-Stufen. Beispiel D-Hijaz ähnlich Skala: D–Eb–F#–G–A–B♭–C#–D. Charakteristisch orientalischer Sound durch b2 (Eb) und maj7 (C#) . (Umsetzung auf Pan variiert nach Hersteller.)
E La Sirena (Dorian) E3 / B3 C#4 D4 E4 F#4 G4 B4 Hexatonisch Dorian – Moll mit großer 6, ohne 4. Stufe . Beispiel E-Dorian ohne A: Töne E–F#–G–B–C#–D. Klingt gleichzeitig mollig (b3, b7) und leicht durartig durch die große 6. Vielseitig für Dur und Moll-Akkorde geeignet .
Weitere: Equinox, Sabye, Klezmer u.v.m. – Equinox (Hexa-Moll mit Dur/Moll-Mix), Sabye (eine Dur-ähnliche Skala), Klezmer (Moll mit typischen jüdischen Tonfolgen) und viele andere existieren. Die obige Liste zeigt die häufigsten Moll-Stimmungen – darüber hinaus experimentieren Spieler und Bauer mit zahllosen weiteren Skalen.
Hinweis: In obiger Tabelle stehen Zahlen zur groben Oktavlage (z.B. D3 = D in kleiner Oktave, A4 = A in 1-lined Oktave). Die genaue Stimmung kann in 440 Hz oder 432 Hz erfolgen, was hier aber keinen Unterschied in der Tonbenennung macht. Einige Skalen können von verschiedenen Herstellern leicht unterschiedlich interpretiert werden – im Zweifel zählt die konkrete Notenliste des Instruments mehr als der Name .
Fazit
Moll-Stimmungen verleihen der Handpan ihren typischen gefühlvollen Sound. Natürliche Moll-Skalen wie Kurd/Annaziska bieten alle Töne für maximale Vielfalt, während Hexatoniken wie Amara oder Integral gezielt einen Ton weglassen, um einen besonders reinen, stimmigen Klangraum zu schaffen. Pentatoniken wie Pygmy oder Magic Voyage reduzieren noch weiter und lassen dadurch viel Raum für Rhythmus und Atmosphären. Jede Stimmung – sei es D-Moll Kurd, F#-Pygmy, E-Amara, C#-Kurd oder eine der vielen anderen – hat ihre eigenen Nuancen und Spielfinessen. Handpan-Spieler sollten ruhig verschiedene Skalen ausprobieren: Die einen klingen mehr tragisch-mollig, die anderen schimmern hoffnungsvoll oder exotisch. All dies fällt unter den weiten Begriff „Moll-Stimmung“, zeigt aber, wie vielfältig Moll auf der Handpan sein kann.
Abschließend bleibt zu sagen: Es gibt kein „beste“ Moll-Stimmung, sondern nur die für dich passende. Lass dich von Klangbeispielen inspirieren, achte auf die Emotionen, die die Skala in dir weckt . Ob für meditative Klangreisen, melodiöses Songwriting oder virtuoses Spiel – die Welt der Handpan-Moll-Skalen steht dir offen. Mit dem Wissen aus diesem Artikel kannst du besser verstehen, was die Namen der Stimmungen bedeuten und warum die Handpan so gestimmt ist, wie sie ist. Viel Freude beim Entdecken deiner persönlichen Lieblings-Moll-Stimmung!